Doch danach sah es beim Start der Expedition nicht aus. Nach gut zwei Wochen war alles bereit für das große Abenteuer. „Kurz gesagt, das Wetter könnte nicht schöner sein und die Vorfreude es endlich anzugehen, war grenzenlos“, schwärmt der LOWA-PRO-Team-Athlet über die Anfänge der Expedition. Um Mitternacht, im Schein der Stirnlampen, startete die Seilschaft andächtig vom Basislager aus in Richtung Einstieg – doch über den Grund der Ruhe sprach zu diesem Zeitpunkt niemand. „Wir konnten, oder wollten, nicht wahrnehmen, dass es einfach so extrem warm war“, erklärt Simon die Stimmung. Als sie beim Einstieg alles für das Klettern vorbereitet hatten, hörten sie ihn bereits: den ersten großen Felsschlag. Da es, abgesehen von den Lichtkegeln der Stirnlampen, noch stockfinster war, war das laute und unangenehme Geräusch das einzige Indiz: „Ist es vielleicht zu warm?“ Doch das konnte oder sollte nicht sein. Die Motivation war zu groß, um gleich wieder zurückzugehen. „Wir stiegen weiter, aber der aufgeweichte Schnee erinnerte uns Schritt für Schritt daran, dass es einfach zu warm war. Trotzdem kamen wir gut voran. Ich war einfach glücklich, wieder hier zu sein. Auf diesem Berg, der mir so viel gibt und bedeutet“, berichtet Gietl über den Grund das Wetterthema zu ignorieren. 100 Meter! So viel mehr hat die Seilschaft im Vergleich zum Vorjahr geschafft. „Als die Sonne dann aufging, war Schluss mit lustig. Wir mussten akzeptieren, dass uns das Gefühl schon vom Start an nicht getäuscht hatte. Es war einfach zu warm und bei solchen Verhältnissen hatten wir hier absolut gar nichts verloren“, muss der Alpinist enttäuscht zugeben.
Für einen erneuten Versuch hatten Gietl, Huber und Boissenot noch vier Wochen Zeit. Eigentlich keine schlechten Voraussetzungen. Doch auch in den nächsten Tagen sollte sich nichts an dem zu schönen Wetter ändern. „Ab spätestens 9 Uhr morgens ging es los mit Lawinen und Steinschlag. Es zeigte uns immer wieder, dass es so keinen Sinn macht“, berichtet Simon Gietl. Auch die täglichen Updates des Wetterberichts gaben keine Hoffnung. „Wir hofften auf gute Nachrichten, aber leider wurde es noch wärmer. Die Nullgradgrenze wanderte bis hoch auf 5.800 Meter. Am Einstieg und im Basislager waren die Temperaturen in der Nacht auf +8 Grad geblieben“, kommentiert Gietl die verrückte Situation. Drei Wochen hatten sie gewartet und gehofft. Doch das Wetter wollte sich nicht ändern.