Unterwegs am Ende der Welt
Argentinien Patagonien – das Mekka für Kletterer und Wanderer. Egal in welches Tourenbuch man blickt, die südamerikanische Region steht mit Sicherheit auf der „To-Do-Liste“. So auch bei Arthur Kudelka, Leiter der LOWA-Service-Abteilung und Ansprechpartner für das LOWA PRO Team. Mitgebracht hat er zahlreiche Bilder und einen spannenden Erfahrungsbericht.
„Der patagonische Sommer begrüßte uns mit warmen Temperaturen und Sonnenschein, statt dem erwarteten Wind und Regen.“ Arthur | LOWA Leiter Serviceabteilung
Die Idee der Reise schwirrte schon lange in unseren Köpfen herum: Einmal ans Ende der Welt nach Patagonien reisen und dort mit Rucksack und Zelt unterwegs sein – ohne großen Plan, ohne Reservierungen, einfach darauf los und schauen was passiert. Aber wann? Ewig aufschieben wollten wir nicht, also beschlossen wir, es einfach zu machen. Am 13. Januar 2017 waren unsere zwei Rucksäcke mit je 15 kg gepackt und es ging in 36 Stunden über Madrid und Buenos Aires nach El Calafate.
Voller Euphorie ging es los. Nach einem kurzen Besuch des berühmten und weiterhin wachsenden Perito-Moreno-Gletschers, reisten wir weiter nach El Chaltén. Dieser kleine Ort im Süden Argentiniens ist das Mekka des patagonischen Bergsteigens. Bereits in den 50er Jahren starteten von hier aus die ersten Expeditionen, um den großen Gipfeln Fitz Roy und Cerro Torre eine Erstbesteigung abzuringen. Auch wir haben diesen Ort für die nächsten Tage als Ausgangspunkt für einige kurze Wanderungen und für den Huemul-Trek zum südlichen patagonischen Inland-Eis auserkoren. Bei einem kleinen Abstecher zum Aussichtspunkt des Cerro Torre konnten wir schon erahnen, was die nächsten Tage auf uns zukommt: eine beeindruckende und wilde Natur.
Zwei Tage später und eine genaue Überprüfung unserer Ausrüstung durch die Ranger später, ging es auf den Huemul-Trek. Der Weg startete direkt an der Rangerstation. Er führte durch lichte Buchenwälder, moorige Wiesen und schließlich ins große Tal des Rio Túnel. Hier forderten stürmische Böen unseren Gleichgewichtssinn heraus. Nach insgesamt sechs Stunden erreichten wir das erste Camp. Geschützt in einem kleinen Waldstück bauten wir unser Zelt auf.
„Ein Anblick, den man sein Leben lang nie mehr vergisst.“ Arthur | LOWA Leiter Serviceabteilung
Der Weg zu Camp Nummer zwei startete über eine Tyrolean Traverse – ein gespanntes Stahlseil, über einer kleinen Schlucht, das mit Klettergurt und Rucksack traversiert werden musste. Für uns Kletterer eigentlich keine große Herausforderung. Allerdings mit 15 kg Gepäck auf dem Rücken dann doch anstrengender als gedacht. Unser Weg führte über Geröll am Túnel-Gletscher entlang in Richtung Paso del Viento. Hier wurde die Orientierung zunehmend schwieriger und der Regen stärker. Dennoch klappte der Weg zum Pass und wir konnten diesen überschreiten.
Oben angekommen blieb uns fast die Luft weg: Wir schauten vom Paso del Viento fast ohne Wind und Regen geradewegs auf die unendliche Weite des patagonischen Inlandeises – der drittgrößten Eisfläche der Welt. Ein Anblick, den man sein Leben lang nie mehr vergisst. Nach einer ausgiebigen Fotosession machten wir uns auf den Weg in Richtung Camp.
„Unser letzter Tag auf dem Huemul-Trek begann in absoluter Dunkelheit. Wir wollten auf einen der umliegenden Hügel steigen und von dort den Sonnenaufgang am Gletscher fotografieren. Für den Aufstieg belohnte uns die Morgensonne: Sie verwandelte das Land in das reinste Farbenspiel aus rotem Granit und blauem Eis.“ Arthur | LOWA Leiter Serviceabteilung
Zwei Tage später ging es für uns mit Sonnschein im Rücken auf zur dritten Etappe. Diese führte kontinuierlich am Inlandeis entlang in Richtung Huemul-Pass. Links von uns die Berge, rechts von uns die unendlichen Eismassen. Der Pfad schlängelte sich geradezu unauffällig durch die beeindruckende Natur. Nach insgesamt vier Stunden standen wir am Paso Huemul und hatten auf einmal eine komplett andere Landschaft vor uns – vorher noch Fels und Eis mit peitschendem Wind, dann grün und sommerlich. Bereits von oben konnten wir die Bucht des Viedma-Gletschers erkennen, wo sich auch das dritte Camp unseres Treks befand. Wir hatten unser Zelt oberhalb der Lagune aufgeschlagen und wanderten am Abend hinunter zur Bucht.
Nur der Auslöser der Kamera war zu hören – ein Gefühl absoluter Stille. Die letzte Etappe des Treks führte uns wieder etwas flacher am Lago Viedma entlang in Richtung Zivilisation. Der Hafen am Ende des Sees kam immer näher und wir erkannten die ersten Autos. Nach insgesamt fünf Tagen und 57 km erreichten wir unser Ziel. Nach kurzer Zeit kam auch schon der Bus, der uns nach El Chaltén zurückbrachte. Dort angekommen meldeten wir uns wohlauf im Rangerbüro zurück.