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EISland

Wir erleben Island in der Nebensaison. Mitte Mai gehen wir auf die Insel mit dem ambitionierten Ziel, in einer bunt zusammengewürfelten Gruppe den höchsten Berg mit dem unaussprechlichen Namen Hvannadalshnúkur zu besteigen.

Þetta reddast, ein isländisches Plädoyer für Gelassenheit

Mit Problemen, kleinen sowie größeren, gehen die Isländer locker um. Kreative Lösungen sind willkommen, notdürftige Lösungen durchaus auch.

Dass wir mit einem Alphorn auf den höchsten Punkt Islands steigen wollen, verwundert niemanden auf dieser Insel am nördlichen Polarkreis. Man ist eine Björk und Sigur Ros mit seiner Fantasiesprache gewohnt oder öffnet die Pforten eines Penis-Museums, nichts ist hier unmöglich. Humorvoll unterstützt man uns bei unserem nicht ganz einfachen Unterfangen. Immerhin sind 23km und ca. 2.000 Höhenmeter zurückzulegen ehe man behaupten kann, dass man auf dem Hvannadalshnúkur, der höchsten vereisten Kuppe Islands, war.

Bezüglich Wetter brauchen wir nun nur noch das Wohlwollen des Donnergottes Thor, bevor uns der Zutritt gewährt wird. Scheinbar ist dieser leider etwas übereifrig. Zwei Tage vor unserer Abreise steht fest: „Schon am Tag nach unserer Ankunft am frühen Abend steht die Insel unter Hochdruckeinfluss, also ideal für einen Summit Bliss“. Doch von dieser „Hau-Ruck“-Aktion raten unsere Guides dringend ab. Die Aktion wäre zum scheitern verurteilt. Übermüdet eine solche Leistung abzuverlangen funktioniert nicht.

Schon seit Tagen tauschen wir uns in unserer Wetter Task Force Gruppe über einen möglichen Gipfeltag aus. „Dieser Berg hat sein eigenes Mikroklima“, meint Elìn gelassen. Als eine der Gründerin der Icelandic Mountainguides kennt sie diese Art von Diskussionen nur zu gut. „Ihr hört von uns,“ schreibt sie, bevor wir ins Flugzeug nach Keflavik steigen.

Hmm, also lassen wir los und widmen uns zunächst den schönen Orten, die wir im Vorfeld unserer Reise durch intensive Recherche gefunden haben. Natürlich stecken wir aber hier und da die Köpfe zusammen in unsere diversen Wetter Apps. So ganz haben wir die Isländische Gelassenheit noch nicht inhaliert.

Glacier Panorama Trail

10 von 10 Punkten für eine fantastische Wanderung am Vulkan Katla, die mit Blicken auf den Mýrdalsjökull-Gletscher begeistert.

Um uns auf den höchsten Berg Islands einzugrooven, schnüren wir nach 2,5h Autofahrt kurz vor Vik unsere Wanderschuhe. Mit einem hochlandtauglichen 4x4 Fahrzeug werden wir mit unserem Guide in die Berge gefahren, oder besser gesagt geschüttelt. Der Winter war lang und schneereich, also starten wir im Schnee.

  • Wir sind eine Gruppe Outdoor-begeisterter Freunde aus unterschiedlichen Ländern, teilweise mit erwachsenen Kindern, unterwegs um die fünf höchsten Berge der nordischen Länder zu besteigen. Wir waren gemeinsam auf dem Halti in Finnland, dem Galdhøppigen in Norwegen, dem Kebnekaise in Schweden und dem Møllehøj in Dänemark. Diesmal ist Island dran, dann haben wir die „Nordic high five“ der Scandinavian Summits in unseren Gipfeltagebüchern.

Der Glacier Panorama Trail folgt einer alten Route, auf der im Herbst die Schafe aus den Bergen getrieben werden. Réttir heisst das landesweite Zusammentreiben, bei dem die Isländer zu Fuß, mit Quads oder auf Islandpferden ihre Herden aus den Bergen und Tälern holen. Ganze Dörfer und die Stadtbevölkerung leisten Unterstützung.

Sanft führt die Route bergauf und bergab, bis wir an der letzten Bergkante auf den Mýrdalsjökull-Gletschers blicken. Aufgetürmte Eismassen, die sich Richtung Tal schieben präsentieren sich erhaben kilometerweit in einem Panorama, dass sich schwer in Worte und schon gar nicht in ein einzelnes Bild quetschen lässt. Im Hintergrund thronen Katla und der Eyjafjallajökull, ihr wisst schon… der mit der Asche!

Am Bergkamm entlang folgen wir dem Pfad ins Tal. Er windet sich durch Canyons, steigt wieder an auf sensationelle Aussichtspunkte, bevor wir nach 7 Stunden an unserem Ziel am Ende des Gletschersees am Sólheimajökull ankommen. Müde, aber voll von überwältigenden Eindrücken.

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Als wir die Autos parken und die alte Holzbrücke überqueren, betreten wir ein Abenteuer in die Vergangenheit.

Leider hat der Wetterbericht recht behalten. Die Wolken hängen tief hier in Vik und es regnet. Auch für die kommenden Tage sieht es nicht besser aus. Unser Ziel, den Gipfel zu besteigen rückt in weite Ferne. Im Osten der Insel ist es besser. Nix wie hin, denn auf der Strecke gibt es viel zu tun und zu sehen. Immer mit dabei sind auch unsere beiden Mink-Camper. Zwei stylische Anhänger zum schlafen und kochen. Gelebter Minimalismus mit hohem Komfort in spacigem Ambiente.

Ein warmes Bad geht immer. Dafür stoppen wir an den Hot Tubes in Hoffell. Unsere „Eisbrecherin“ Geertje, wie sie im Titel ihres neuen Buches genannt wird, geht auch gerne mal in der Gletscherlagune eis-baden,… alleine. Wir hören uns lieber am Abend in der warmen Küche den Vortrag ihrer Grönlanddurchquerung an.

Auf der Schotterstrasse des Faxi-Passes ist die Szenerie in der Lichtstimmung des Abends mal wieder gigantisch. Völlig begeistert rollen wir im Wilderness- Camp ein.

In der liebevoll restaurierten Farm lernen wir die Vergangenheit des Ortes und ihre ehemaligen Bewohner kennen. In einem kleinen Museum unter unserem historischen Schlafsaal erfahren wir viel über das Leben der Menschen an diesem Ort nahe des isländischen Hochlandes. Jedes Detail auf dem Gelände wurde im ursprünglichen Stil nachgebaut, so dass man sich permanent auf Entdeckungstour befindet.

  • Auch auf einer kleinen Wanderung im Tal mit 15 imposanten Wasserfällen haben wir an einer Stelle die Möglichkeit, uns mit einer traditionellen Seilbahn über den Fluss Jökulsá zu kurbeln. Maximal zwei Personen können sich auf dieses Abenteuer einlassen und in die Holzkiste steigen.

    Nach einer dringend benötigten Autowäsche in einer lokalen Waschanlage in Egilsstaðir führt unsere Reise bei feinstem Wetter auf den Bergpass Vatnsskarð eystra, wo wir uns köstliche Trek’n eat Mahlzeiten in unserer Camper-Küche zubereiten. Thor weiss leider, unsere Bergbesteigung im Süden der Insel zu verhindern.

Bakkagerði

Das Wander-Eldorado des Ostens. Egal ob 5-Tage Trekking, oder Tageswanderungen, hier ist für jeden was dabei.

Isländisch ist die Ursprache aller Nordischen Länder. Für Fremdwörter, Anglizismen und neue Begriffe entwickeln Isländer selbst am liebsten humorvolle Worte.

Wenn Micha mal wieder die Gegend erkunden möchte oder nach Walen Ausschau hält, schickt er nicht seine Drohne in den Himmel. Die Isländer nennen das „fjarfluga“, also eine Fernfliege oder „flygildi“, das Flugzeugchen.“ Noch netter ist die Drohnen-Übersetzungsvariante: „vélfygli“, das „Maschinenvögelchen. “Facebook wird als „Fratzenbuch“ oder „Fressenverzeichniss“ bezeichnet. Wen wundert es bei solch einem Sprachschatz, dass man an Elfen glaubt.

Die Elfenburg in Bakkager∂i, eine zentrale Felserhebung nahe des Campingplatzes, ist der Sitz der Elfenkönigin Islands. Sozusagen das Heiligste, was Island in Sachen „Elfen“ zu bieten hat.

  • Fünf Minuten schweigen wir hier gemeinsam und betrachten die unfassbar schöne Landschaft. Schnee und Eis dominieren auf den Gipfeln der Berge. Diesmal ohne den nervösen Blick in unsere Wetter App. Sind wir ein Stückchen mehr angekommen?

Doch Bakkager∂i hat mehr zu bieten. Wir beobachten Puffins beim Einrichten ihrer Nester und dürfen der Geburt eines Lammes beiwohnen. „Es ist Lamming-Season“ erzählt unser Herbergsvater Vi∂∂i. „Letzte Nacht kamen 22 junge Schafe zur Welt.“

Elfen, Thor, Wetter Apps, es ist wie verhext. Es will sich kein Wetterfenster für eine Bergbesteigung auftun. Also fahren wir in Abstimmung mit den Guides weiter an den Mývatn, ein See der für seine Mücken „Mý“ bekannt ist und im tektonisch sehr aktiven Krafla-Vulkansystems liegt.

Als wir in die Grjotagja, eine Höhle mit heißer Quelle hinabklettern, erhalten wir eine Nachricht in unsere „Hnukùr“ Task Force Gruppe. In zwei Tagen gibt es ein Wetterfenster. Es ist nicht üppig, sollte aber für eine sichere Besteigung des „Hnukùrs“, wie der Hvannadalshnúkur liebevoll abgekürzt wird, reichen.

Summit Bliss

Der Hvannadalshnúkur befindet sich im Skaftafell-Nationalpark und gehört zum Gletscher Öræfajökull, der Teil des Vatnajökull ist.

Das Team teilt sich auf. Eine Fraktion möchte mit Tourenskiern auf den Gipfel gelangen, alle anderen schlüpfen morgens um 4:00 Uhr in ihre alpinen Bergstiefel.

Instruktionen und wertvolle Tips gab es am Abend zuvor von unserem Guide Matteo. Spätestens jetzt ist jedem bewusst, dass diese Tour „serious business“ ist, wie unser Freund Björgvin zu sagen pflegt wenn es ernst wird. Als ehemaliger Guide, der an die 40 mal auf dem Gipfel stand, weiss er wovon er redet. Er begleitet uns im Team „Ski“.

Emma möchte zum „Point of no return“ mitkommen und dort entscheiden, ob sie sich zutraut, weiter mitzukommen. Er liegt auf etwa 700hm, von dort aus geht es auf Schnee und Eis weiter.

Bis dahin läuft alles glatt und wir überwiegend im Nieselregen und Nebel. Sieht so unser angepriesenes Wetterfenster aus? Skepsis macht sich breit. Nicht, darüber, dass wir es nicht schaffen können, aber dass wir am Ende gar nichts von der Bergwelt sehen können.

Diese Zweifel lösen sich auf 1.000hm in Wohlgefallen auf. Wir durchbrechen die Wolkendecke und laufen nun in Seilschaften meist im Sonnenschein weiter. Mit Steigeisen, Pickeln und unserem Alphorn geht es nun in drei Gruppen weiter in Richtung Gipfel. Pausen gibt es nur wenige an Stellen, an denen sicher nicht mit Gletscherspalten zu rechnen ist. Die Pausen nutzen wir zum essen, trinken und kurzem ausruhen.

Der Streckenabschnitt an den Rand der Caldera ist mental der schwierigste Teil der Route. Wellenförmig türmen sich immer wieder neue Hindernisse in Form von Bergkuppen auf, bevor man über den Krater mit seinen fünf Kilometern Durchmessern blickt.

„Wo ist denn jetzt dieser Vulkan?“ fragt Gunnar, der kurz vorher noch bis zur Hüfte in einer Gletscherspalte hing. Er brach durch die dünne Schneedecke, die ihn zum Glück hielt und verhinderte, dass er tiefer in die Spalte rutschen konnte. Seine Team-Mates helfen ihm wieder herauszuklettern.

„Du stehst mitten im Vulkan“ meint Geertje zu ihm, die sich in dieser Eislandschaft wie in Grönland fühlt.

Ein paar Meter vor uns ist Björgvin überrumpelt und amüsiert von Doug’s Anblick. Vor seinem Rucksack kniend schiebt er Essenvorräte direkt in seine Futterlucke. Der Mann mit dem Hammer war wohl zu Besuch. Danach geht es für ihn gestärkt weiter. Zum Glück haben wir alle viel Proviant dabei. 4 bis 5.000 cal verbrennt jeder von uns auf dieser Tour.

Emma schlägt sich tapfer. Sie ist müde und ihre Beine sind schwer, doch sie kämpft dich durch. Mit Riegeln, Elektrolyten, Motivation und Hugs.

Matthias steckt am Gipfel das Alphorn zusammen. Wolkenfetzen geben und nehmen die Sicht. Warum haben wir es nochmal dabei?

Matthias erinnert sich an den 100. Geburtstag Finnland’s als wir das Alphorn das erste Mal auf den Halti brachten, Finnlands höchstem Punkt. Wir sendeten einen Gruß aus den Alpen ins Land. Seit dem wurde es zum Maskottchen & Team-Player. Es ist ein Symbol für Weite, Gemeinsamkeit aber auch Anstrengung. „Schon kurzer Zeit hatte ich keinen Spass mehr mit dem Teil auf
dem Rücken.“ meint er Augenzwinkernd.

Jeder hat Spass beim Tröten, heute ganz sicher zu Ehren des Donnergottes Thor, der es auch auf unserem sehr langen Weg bergab gut mit uns meint. Team Ski flitzt voraus. Ohne Seil jagen sie nun Kurve für Kurve über die Gletscherspalten. Zum Glück fallen sie nicht rein. Nach insgesamt 14 Stunden liegen wir uns unten wieder in den Armen. Alle sind gesund, aber müde zurück! Zum realisieren und verarbeiten der Aktion werden wir wohl noch ein paar Tage brauchen, einige wohl auch, um wieder, auf Grund ihres Muskelkaters bergab gehen zu können.